Sommergespräche Analyse Filzmeier
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Filzmaier analysiert „Sommergespräche“

Die fünf Landesparteichefinnen und -chefs haben sich in den vergangenen Tagen den „Niederösterreich heute“-Sommergesprächen gestellt. Politikwissenschafter Peter Filzmaier analysierte die wichtigsten politischen Botschaften.

Die beiden kleinen Landtagsparteien in Niederösterreich, NEOS und Grüne, setzten bei den Sommergesprächen von „NÖ heute“ auf ihre Kernkompetenzen: NEOS-Landessprecherin Indra Collini auf Kontrolle und die Grünen-Landessprecherin Helga Krismer auf den Klimaschutz. Eine nachvollziehbare Strategie, meinte Politikwissenschafter Peter Filzmaier im Gespräch mit ORF-NÖ-Chefredakteur Benedikt Fuchs.

Um ein neues Thema zu setzen, müsste die NEOS die öffentliche Debatte über Wochen und Monate dominieren. „Das klappt nicht, also reden die NEOS über ihr Lieblingsthema Bildung und von ihrem Image als Kontrollpartei“, so Filzmaier. Die Grünen, die im Bund in der Regierung sitzen, setzten auf ihre Wunschthemen Umwelt und Klima: „Überraschend ist das nicht, dass Frau Krismer für Tempo 100 ist“, so Filzmaier, „überraschend wäre nur gewesen, wenn sie gesagt hätte, sie teilt die Methoden der Klimakleber. Aber das hat sie nicht gesagt.“

SPÖ-Neuwahlforderung „nicht ganz logisch“

Die SPÖ ist einerseits mit zwei Sitzen in der proporzbesetzten Landesregierung vertreten, andererseits fühlt sich die Partei als Opposition, wenn SPÖ-Parteichef Sven Hergovich von sich als Kontrolllandesrat spricht. Eine klare Aussage über seine Rolle sei das nicht, so der Politikwissenschafter, auch nicht darüber, ob Hergovich den Proporz abschaffen will oder nicht. Zumal die Debatte über die Abschaffung des Proporzes in Niederösterreich sich schon über viele Jahre zieht und „irgendwann alle Parteien mal bereit waren, darüber nachzudenken, den Proporz abzuschaffen, aber nie, wenn man selbst einen Nachteil hätte“, so Filzmaier.

Dass sich der SPÖ Landesparteichef für rasche Wahlen im Bund ausspricht – geplant wären diese 2024 – ist für Filzmaier „nicht ganz logisch“. Denn in allen öffentlich zugänglichen Umfragen seien die Freiheitlichen klar vorne. Mögliche Gründe für den Wunsch nach Neuwahlen könnte einerseits sein, dass die SPÖ derzeit stark auf das Thema der Teuerung setze und die hohe Inflation der Partei in die Hände spiele. Außerdem betreibe SPÖ-Bundesparteichef Andreas Babler eine „Politik der Gefühle“, den „Spannungsbogen von Emotionen über ein Jahr lang aufrecht zu erhalten – das ist schwierig“.

Landes- und Bundes-ÖVP: Wenig Unterschied

Wie groß ist der Einfluss der FPÖ auf das Regierungsübereinkommen und die Regierungsarbeit in Niederösterreich? FPÖ-Landesparteiobmann Udo Landbauer sprach im „NÖ-heute“-Sommergespräch von harten Verhandlungen und einer freiheitlichen Handschrift. Politikwissenschafter Filzmaier dazu: „Die Punkte, die am meisten diskutiert werden, sind Aufreger, aber nicht die entscheidenden Fragen für die Zukunft des Landes Niederösterreich.“

Dass Udo Landbauer im Hinblick auf die ÖVP meinte, mit einer ÖVP im Bund könne er nicht zusammenarbeiten, die Landes-ÖVP sei eine andere, bezeichnet Filzmaier als „unlogische“ Argumentation. Denn gerade im Bereich der Sicherheit, ein wichtiger Bereich für die FPÖ, seien mit Claudia Tanner (ÖVP) im Verteidigungsministerium und Gerhard Karner (ÖVP) im Innenministerium zwei niederösterreichische Minister im Amt und auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) sei politisch in Niederösterreich groß geworden.

Gemäßigt und rechte Positionen unvereinbar

ÖVP-Landesparteiobfrau und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner eröffnete den politischen Sommer mit einer Begriffsdebatte über „Normaldenkende“. Mikl-Leitner argumentierte im Sommergespräch, dass die breite Mitte der Gesellschaft überhört werde. Ein Strategie der ÖVP, die bis in die USA der 90er-Jahre zurückreiche, so Filzmaier. „Weniger gelungen ist die Umsetzung“, so Filzmaier in Richtung ÖVP.

Der Begriff „normal“ sei „problematisch“, meinte Filzmaier. „Da musste die Landeshauptfrau erklären, das Gegenteil von normal sei nicht abnormal, was eine üble Kränkung wäre, sondern sie meinte politisch radikal“. Ein weiteres Problem sei, dass die ÖVP in der Bundespolitik etwa bei der Zuwanderung durchaus sehr rechte Positionen besetze, um nicht an die FPÖ Stimmen zu verlieren: „Gleichzeitig die gemäßigte Mitte zu sein, das geht sich dann nicht aus“, so der Politikwissenschafter.

Auf die Frage, ob die Position Mikl-Leitners in den letzten acht Monaten seit der Wahl stärker geworden sei, meinte Filzmaier, dass sich seither wenig geändert habe. Die Schlüsselfrage sei aber, was in den nächsten 14 Monaten passiere. Da stünden mit den Europa- und Nationalratswahlen sowie den Gemeinderatswahlen für die Landes-ÖVP schwierige Zeiten vor der Tür, weil die Spitzenergebnisse der letzten Wahlen „nicht zu verteidigen sein werden“, so Filzmaier. „Wenn die ÖVP zusammengerechnet wieder verliert, dann schwächt das natürlich die Landeshauptfrau und Parteichefin“, so der Politikwissenschafter.