WIRTSCHAFT

Weniger Projekte: AMS NÖ muss sparen

Das Arbeitsmarktservice Niederösterreich (AMS NÖ) muss den Gürtel enger schnallen: Der CoV-Fördertopf fällt weg, das Budget wird sinken. Deswegen werden Strukturen verändert: Die Ausbildung soll forciert, Beschäftigungsprojekte dagegen reduziert werden.

Die Budgetverhandlungen werden erst im November oder Dezember abgeschlossen sein, aber sicher ist, dass die Mittel aus dem Coronavirus-Topf wegfallen, die in den vergangenen Jahren das Budget aufgefettet haben. So sehe man sich gezwungen, zu sparen, sagte Sandra Kern, die Geschäftsführerin des AMS Niederösterreich in einem Hintergrundgespräch am Dienstag. Die Voraussetzungen für das kommende Jahr seien herausfordernd.

Die Arbeitslosigkeit werde weiter leicht steigen, kündigte Kern an, demgegenüber steht eine Rekordbeschäftigung von 668.000 Menschen in Niederösterreich bei gleichzeitig 17.800 offene Stellen. Bis 2040 werden mehr als 57.000 Arbeitskräfte fehlen, errechnete das AMS NÖ, bis dahin werde der Anteil der „Generation 50 plus“ an den Erwerbstätigen bei 39 Prozent liegen.

Ein Drittel mit Krankheiten

Demgegenüber steigen viel weniger junge Menschen bis 25 Jahre in den Arbeitsmarkt ein, bis 2040 wird ihr Anteil auf sieben Prozent schrumpfen. Die Erwerbsquote der Frauen steigt zwar, ist aber noch immer viel zu niedrig, vor allem weil sie im Durchschnitt brutto um 19 Prozent weniger pro Stunde verdienen als Männer. Und ein Problemfeld ist jenes der Kunden und Kundinnen des AMS NÖ mit gesundheitlichen Problemen: Ihre Zahl lag 2013 noch bei 18 Prozent, jetzt machen sie fast ein Drittel aus.

APA1620072-2 – 09122009 – LINZ – …STERREICH: ZU APA-TEXT WI – Illustration zum Thema „Voestalpine“: Im Bild Lehrlinge am 24. November 2009 bei der Ausbildung am Standort Linz. Die voestalpine ist ein weltweit agierender Konzern mit einer Vielzahl von spezialisierten und flexiblen Unternehmen, die Stahlprodukte fertigen, verarbeiten und weiterentwickeln. APA-FOTO: HANS KLAUS TECHT
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Schwerpunkt Qualifizierung: Mehr Frauen sollen in den Arbeitsmarkt und die Ausbildung generell einen höheren Stellenwert erhalten

Ältere brauchen „Chance auf Bewerbungsgepräch“

Unter diesen Voraussetzungen präsentierte die neue AMS-Geschäftsführerin Kern ihre Schwerpunkte. Weil die Nachfrage nach Arbeitskräften anhält, setze man auf Qualifizierung. Und zwar möglichst rasch, um den Arbeitsmarkt bedienen zu können. Dabei gehe es schwerpunktmäßig darum, mehr Frauen in den Arbeitsmarkt zu holen sowie um Langzeitarbeitslose und um ältere Arbeitsuchende über 55 Jahre. Kern: „Es geht unter anderem darum, die Bilder bei den Unternehmen zurechtzurücken, denn ein 61-Jähriger braucht auch die Chance auf ein Bewerbungsgespräch und einen Job.“

Ausbildungszentren stärken

Gestärkt werden sollen die vier Ausbildungszentren in St. Pölten, Sigmundsherberg (Bezirk Horn), Wolkersdorf (Bezirk Mistelbach) und Wr. Neustadt, die Frauenberufszentren, die Jugendbildungszentren, die Deutschkurse für Migrantinnen und Migranten und die Ausbildung für Jobsuchende mit gesundheitlichen Problemen. Neu ist ein Ausbildungsprogramm für die Hotellerie und Gastronomie, das im nächsten Herbst starten soll.

Mario Danler, der Leiter der AMS-NÖ-Abteilung Arbeitsmarktförderung, spricht von einem leichten Minus bei den Ausbildungsplätzen. Aber es würden 14.000 Plätze angeboten, das sei im Vergleich zur zu erwartenden Arbeitslosigkeit ein gutes und flächendeckendes Qualifizierungsangebot, so Danler.

Transitarbeitsplätze werden reduziert

Es wird auch zu Einsparungen kommen, um für die Qualifizierung den nötigen finanziellen Polsters zu schaffen angesichts des knapper werdenden Geldes. So werden die sogenannten Transitarbeitsplätze reduziert. Das sind auf acht Monate befristete Arbeitsplätze, die vor allem in sozialen Einrichtungen bezahlt werden, um die Menschen anschließend wieder in den geregelten Arbeitsmarkt eingliedern zu können. Vor allem im Wald- und Mostviertel wird hier gekürzt, weil die Arbeitslosenquoten im Westen des Bundeslandes deutlich niedriger als im östlichen Teil sind.

Es sei zu einer Über- und Unterförderung gekommen, was jetzt ausgeglichen werden solle, sagte Geschäftsführerin Kern. Das Projekt MAGMA in Marienthal (Bezirk Bruck/Leitha) mit einer Jobgarantie für arbeitslose Menschen werde aber auf jeden Fall fortgeführt und abgeschlossen. Es werde wissenschaftlich begleitet und sei bis März 2024 anberaumt, betonte Kern.

Auch die Kapazität in den Beratungs- und Betreuungseinrichtungen wird reduziert: „83 der in Summe 644 Transitarbeitsplätze werden eingespart und die Kapazität in den Beratungs- und Betreuungszentren soll um 40 Prozent reduziert werden“, so Kern. Ob das AMS NÖ auch Personal einsparen muss, sei noch offen, sagte Kern, das komme auf den Ausgang der Verhandlungen im Spätherbst an.

Schwerpunkt gegen Missbrauch

Im Oktober beginnt ein neuer Schwerpunkt, den Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) anordnete. Es wurde erhoben, dass in Niederösterreich knapp 3.000 geringfügige Beschäftigungsverhältnisse bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern bestehen, die zusätzlich vom AMS Geld beziehen. Diese Verhältnisse werden jetzt überprüft und hinterfragt und die Unternehmen angehalten, diese Arbeitnehmer in vollversicherte Beschäftigungsverhältnisse zu übernehmen. Damit soll ein möglicher Missbrauch des AMS-Bezugs hintangehalten werden.

Frena ist neue Stellvertreterin

Eine aufsehenerregende Personalentscheidung für die Spitze des AMS Niederösterreich wurde via AMS-Homepage bekannt gegeben: Karmen Frena, die Gegenkandidatin von Sandra Kern um die Position der Geschäftsführerin, wird mit 1. Oktober neue stellvertretende Geschäftsführerin, erbt also Kerns frühere Funktion.

Der Verwaltungsrat des AMS Österreich bestellte sie in diese Position. Aufgrund des Tauziehens zwischen Kern und Frena war der Posten nach dem Abgang von Sven Hergovich in die Politik monatelang unbesetzt geblieben – mehr dazu in Politisches Tauziehen um AMS-Landeschef (noe.ORF.at; 22.6.2023).