Ärztin bei der Untersuchung mit einem Stetoskop
APA/HELMUT FOHRINGER
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Chronik

Ärztepool verzögert sich deutlich

Offene Kassenarztstellen durch Vertretungsmediziner aus einem „Ärztepool“ besetzen – das war der Plan, der vor einem Jahr vorgestellt wurde, um gegen den Ärztemangel anzukämpfen. Aus dem Start im März ist nichts geworden und wie sich zeigt, gibt es weiter Verzögerungen.

Medizinerinnen und Mediziner, die Teilzeit im Spital arbeiten oder schon in Pension sind, Wahlärztinnen und -ärzte oder junge Ärztinnen und Ärzte helfen in Ordinationen aus, für die sich kein Bewerber oder keine Bewerberin findet – soweit die Theorie des Ärztepools – mehr dazu in Wie der Ärztepool konkret funktionieren soll (noe.ORF.at; 26.01.2023).

Niederösterreich kann dieses Projekt aber nicht alleine umsetzen, sondern hat eine Zusammenarbeit mit der Wiener Ärztekammer geplant. Sie muss für das Projekt eine Bereitstellungsgesellschaft gründen und genau hier spießt es sich offenbar.

Denn die niederösterreichische Ärztekammer beteuert, jederzeit mit dem Ärztepool starten zu können. „Die ÖGK ist seit dem Beschluss des Verwaltungsrates im Februar 2023 bereit zur Umsetzung des Projektes“, heißt es auch von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK).

Start erst im ersten oder zweiten Quartal 2024

Die Wiener Ärztekammer erklärt die Verzögerungen auf Anfrage damit, dass die Verhandlungen rund um die Honorare länger gedauert hätten als geplant – mehr dazu in Pilotprojekt Ärztepool: Streit um Honorare (noe.ORF.at; 23.02.2023). Jetzt würden in der Wiener Ärztekammer noch „Formalitäten abgearbeitet“. Was genau damit gemeint ist, dazu gibt es gegenüber noe.ORF.at keine Auskunft. Man geht jedenfalls davon aus, dass das Projekt erst im ersten Quartal oder spätestens im zweiten Quartal 2024 starten kann.

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) kündigte den Ärztepool vor fast einem Jahr im Vorfeld des Landtagswahlkampfes gemeinsam mit ÖGK und Ärztekammer für das erste Quartal 2023 an. Von Freiheitlichen und Sozialdemokraten hagelte es damals Kritik. Die FPÖ sprach von einem „Märchen“, die SPÖ von „leeren Wahlkampfversprechen“ – mehr dazu in Vertretungsärzte sollen offene Stellen besetzen (noe.ORF.at; 15.12.2022).

„Ball liegt bei der Ärztekammer Wien“

Die deutliche Verzögerung des Ärztepool-Vorhabens kommentiert man im Büro der Landeshauptfrau nun lediglich mit einem knappen Statement: „Wir haben die Idee des Ärztepools immer unterstützt – und werden das auch weiterhin tun. Der Ball liegt dabei aber bei der Ärztekammer Wien“, heißt es in der Stellungnahme.

Schon 2018 kündigte Mikl-Leitner vor der damaligen Landtagswahl mit der sogenannten Landarztgarantie eine Lösung im Kampf gegen den Ärztemangel an. Geplant war, dass Klinkärztinnen und -ärzte in den unbesetzten Ordinationen aushelfen. Das Projekt ist aber gescheitert. Im Dezember 2022 gestand Mikl-Leitner ein: „Ja, wir hätten uns mehr erwartet.“

Derzeit 53 offene Kassenstellen

Laut der Website der niederösterreichischen Ärztekammer sind derzeit 53 Kassenstellen in Niederösterreich unbesetzt, 24 im Bereich Allgemeinmedizin und 29 Facharztstellen, darunter besonders viele für Haut- und Geschlechtskrankheiten und Kinder- und Jugendheilkunde.

Die Stellen in den Pilotgemeinden, in denen man den Ärztepool testen wollte, konnten laut einer Sprecherin der Ärztekammer Niederösterreich hingegen bereits besetzt werden. Wenn der Ärztepool starten kann, muss man sich also neue Pilotregionen suchen.