Illegale Böller
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Chronik

Warum illegale Böller so gefährlich sind

Immer wieder kommt es rund um den Jahreswechsel zu schweren oder sogar tödlichen Unfällen mit Böllern, die verbotenerweise aus Tschechien importiert und gezündet werden. noe.ORF.at hat nachgefragt, warum diese Sprengkörper so gefährlich sind.

In Österreich erlaubte Böller, etwa Schweizer Kracher, unterscheiden sich nicht nur optisch deutlich von illegal importierten Knallkörpern, erklärt Michael Bitto vom Entschärfungsdienst der Polizei. Selbst durch Schweizer Kracher komme es immer wieder zu schweren Verletzungen an Fingern und Händen, „aber so ein illegaler Sprengkörper aus dem Ausland hat die 50- bis 100-fache Sprengkraft. Das ist, wie wenn 100 Schweizer Kracher gleichzeitig in der Hand explodieren“, so der Experte.

Bitto betont auch, dass allein der Transport mit dem Auto von Tschechien nach Österreich hochgefährlich sei. „Wenn das im Kofferraum explodiert, wäre das Fahrzeug total zerstört und die Insassen hätten schwere oder sogar tödliche Verletzungen.“

Viele unterschätzen unsachgemäßen Umgang mit Böllern

Die tödlichen Unfälle in den vergangenen beiden Silvesternächten sind mit sogenannten Kugelbomben passiert. Anstatt professioneller Abschussvorrichtungen und einer Bedienung – wie vorgeschrieben – durch ausgebildete Experten werden diese oft aus einfachen Rohren abgeschossen. Das bestätigt auch Berndt Schreiner, Chefarzt beim Roten Kreuz Niederösterreich.

Experten warnen vor Böller-Gefahr

„Lass es krachen – aber richtig!“ – unter diesem bewusst provokanten Motto rufen Polizei und Pyrotechnik-Fachhandel kurz vor Silvester zu einem vorsichtigen und verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerkskörpern auf.

Es sei vor allem der unsachgemäße Umgang mit den Sprengmitteln, den die Menschen völlig unterschätzen würden. „Es wird immer ein bisschen belächelt, wenn man sagt, man muss Sicherheitsabstände einhalten. Weil einem nicht klar ist, was für eine Kraft hier bei einer Explosion freigesetzt wird“, sagt Schreiner.

Viele Kinder und Jugendliche unter Böller-Verletzten

Zahlen des Kuratoriums für Verkehrssicherheit zeigen, dass im Schnitt 210 Menschen pro Jahr in Österreich nach Pyrotechnikunfällen im Spital behandelt werden, auffallend oft Kinder und Jugendliche. Die Sprengverletzungen, die sie erleiden, kenne man auch aus der Kriegschirurgie, so Schreiner.

Verletzungen durch Böller seien zum einen durch die Explosion bzw. die Temperatur gekennzeichnet und zum anderen durch die Druckwelle, erklärt der Chefarzt. „Die zerstört dann quasi im gleichen Gebiet noch einmal das Gewebe. Und die dritte Wirkung, die wir bei Explosionen haben, ist die Splitterwirkung. Das heißt, dass Pulver ins Gewebe eingebrannt wird, oder dass Teile des Böllers oder des Kriegsgerätes quasi in den Körper eindringen und schwere Verletzungen verursachen.“

Sprengwirkung durch Blitzknallsatz viel stärker

Doch es sei nicht nur die Menge des Sprengstoffes, die den Unterschied macht, betont Bitto. „Der zugelassene Schweizer Kracher beinhaltet Schwarzpulver. Das ist viel langsamer als das Material, das in den illegalen Böllern drin ist. Da ist ein sogenannter Blitzknallsatz drin und der ist drei- bis viermal so stark und somit ist auch die Sprengwirkung viel stärker.“

Hinzu komme, dass sich bei deratigen Importen die Herstellungskette nicht nachvollziehen oder die genormte Qualität prüfen lasse. Auch die Kennzeichnungen seien oft fehlend, mangelhaft oder gefälscht. Und ohne entsprechende Ausbildung darf man mit derartigen Sprengkörpern gar nicht hantieren.

Polizei stellt immer mehr illegale Böller sicher

Kontrolliert wird im Grenzgebiet zu Tschechien seit Wochen. Am 26. Dezember wurde ein Fahrzeug mit vier jungen Slowaken gestoppt. Sie hatten 198 Kilo an pyrotechnischen Gegenständen geladen – mehr dazu in 198 Kilo illegale Pyrotechnik in Auto entdeckt (noe.ORF.at, 27.12.2023).

„Wir müssen leider feststellen, dass die Anzahl der sichergestellten pyrotechnischen Gegenstände steigt“, berichtet Raimund Schwaigerlehner, Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich. Die Polizei hat heuer bereits über 12.000 pyrotechnische Gegenstände beschlagnahmt. Auch die Zahl der Anzeigen ist bereits auf über 300 gestiegen.