Udo Landbauer
APA/Helmut Fohringer
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politik

Ein Jahr Landespolitik mit „blauer Handschrift"

Ein Jahr ist es her, dass sich ÖVP und FPÖ auf eine Zusammenarbeit geeinigt haben. FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer wurde zum Landeshauptfrau-Stv. und zuständig für Sport und Verkehr. Im Superwahljahr rechnet Landbauer mit Stimmenrekorden für seine Partei, sagt er im Bilanzinterview.

Eine „professionelle Arbeitsbeziehung“ und „keine Liebeshochzeit“ – es ist ein Leitspruch, den die ÖVP und die FPÖ seit Beginn ihrer Zusammenarbeit in Niederösterreich in verschiedenen Varianten und bei diversen Gelegenheiten wiederholen. Unvergessen bleibt der Start der de-facto-Koalition: Die Präsentation des 36-seitigen Arbeitsübereinkommens, das auf massive Kritik stieß. Ein Jahr später wurden viele der angekündigten – und teils umstrittenen – Vorhaben umgesetzt.

Das meist diskutierte Vorhaben – der Corona-Fonds – wurde beschlossen, ebenso der Pflegescheck, der Wohn- und Heizkostenzuschuss sowie die Wirtshausprämie. Der Gender-Erlass für die Landesverwaltung wurde überarbeitet. Investiert wurde in die Bauwirtschaft und in die Kinderbetreuung – mehr dazu in Ein Jahr schwarz-blaue Zusammenarbeit (noe.ORF.at; 13.3.2024).

„Diese Regierung ist eine Erfolgsgeschichte“, betonte Landbauer im Interview mit ORF-Niederösterreich-Chefredakteur Benedikt Fuchs. Die Zusammenarbeit sei nicht einfach, aber es sei immer klar gewesen, dass es darum gehe „sinnvolle“ Politik zu machen.

Für Landbauer – der zuletzt Geld von den ÖBB wegen Zugausfällen und Verspätungen gefordert sowie eine Schwimm-Offensive für Kinder ins Leben gerufen hat – stehe nach der Nationalratswahl vieles an, was „nachzuholen“ sei. Denn dann sei Schluss mit der „unrühmlichen schwarz-grünen Bundesregierung“, so Landbauer. Im Superwahljahr vertraut der Landesparteichef den aktuellen Umfragen und glaubt an Stimmenrekorde für die FPÖ.

Interview mit FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer (Langversion)

noe.ORF.at: Herr Landeshauptfrau-Stellvertreter, Sie haben kürzlich in die Richtung der ÖBB eine Geld-Zurück-Aktion gefordert, aufgrund der vielen Zugverspätungen und Zugausfälle. Gibt es da schon Lösungen, gab es schon Gespräche mit den ÖBB?

Landbauer: Das Hauptproblem ist, dass die ÖBB vor wenigen Wochen, als sie angekündigt haben, etwa 50 Züge aus dem Verkehr zu nehmen und den Fahrplan auszudünnen, dass sie bis Ostern dieses Problem gelöst haben wollen. Und jetzt hören wir, dass sie es nicht gänzlich geschafft haben. Das heißt, dieses Problem wird uns und vor allem die Pendler in unserem Land noch etwas länger beschäftigen.

Wir zahlen als Land Niederösterreich etwa 120 Millionen Euro pro Jahr aus dem Verkehrsdienstevertrag für Leistungen an die ÖBB. Und da erwarte ich mir auch, dass diese Leistungen entsprechend erbracht werden, so wie es sich die Pendler verdient haben. Das heißt, ja, es bleibt für mich weiterhin aufrecht. Das, was wir in Leistungen bezahlen und nicht bekommen, wollen wir mit der Geld-Zurück-Aktion entsprechend ausgeglichen wissen.

noe.ORF.at: Es ist am Anfang des Monats eine Initiative namens „Schwimm Kids“ vorgestellt worden. Jedes Kind in Niederösterreich soll schwimmen lernen, weil das immer weniger Kinder können. Auch im Europavergleich steht Österreich relativ schlecht da. Wie soll das infrastrukturell gelingen? Wir wissen, viele Gemeinden, auch Bezirke in Niederösterreich, haben einfach keine Bäder. Gibt es da einen Plan?

Landbauer: Zuerst möchte ich festhalten, dass es dringend notwendig war, diese Initiative ins Leben zu rufen, weil wir viel zu viele Nichtschwimmer bei den Kindern haben. Und das wissen viele nicht, dass jedes dritte Kind im Alter zwischen fünf und neun Jahren nicht schwimmen kann. Das heißt, das war höchst an der Zeit. Und wir wissen, dass wir etwa 60 Hallenbäder in Niederösterreich haben. Und natürlich mehr Freibäder. Wir werden in Freibädern wie auch in Hallenbädern aktiv werden. Wir können schon einigermaßen flächendeckend dieses Programm anbieten.

Viel Diskussion im Hintergrund

noe.ORF.at: Sie sind jetzt mit der FPÖ seit etwas mehr als einem Jahr in der Landesregierung mit der Volkspartei. Nach einem Jahr resümierend: Wie ist denn die Stimmung?

Landbauer: Na ja, zum einen glaube ich, kann man das wirklich getrost sagen, diese Regierung ist eine Erfolgsgeschichte. Das zeigt sich an den Projekten, die in diesem einen Jahr bereits umgesetzt wurden. Und wenn Sie nach der Stimmung fragen, dann war jedem klar von Anfang an, dass das keine Liebeshochzeit wird, dass das zwei sehr unterschiedliche Parteien sind, die beide im Wahlkampf sehr akzentuiert Wahl gekämpft haben und in vielen Bereichen weit auseinander liegen.

Aber nach dem unrühmlichen Ausscheiden der SPÖ aus den Verhandlungen war es für mich klar, dass wir dieses Viertel der Wähler, die uns ihre Stimme gegeben haben, auch entsprechend vertreten und die Chance ergreifen müssen, so wir etwas von unseren Inhalten, die wir gefordert haben, auch in Umsetzung bringen können. Und in unserer Zusammenarbeit ist es natürlich klar, dass es nicht immer einfach ist.

Und wenn ich jetzt sagen würde, es gebe keine Diskussionen im Hintergrund, dann würde es mir zu Recht niemand glauben. Selbstverständlich gibt es diese Diskussionen, aber am Ende des Tages zählt, dass man sich auf ein Vorgehen einigt und so dafür sorgt, dass sinnvolle Politik im Interesse der Landsleute gemacht wird. Und das ist uns bis jetzt ganz gut gelungen.

noe.ORF.at: Es wurden relativ viele Punkte umgesetzt, wenn man auf das Arbeitsübereinkommen schaut zwischen Ihnen und der Volkspartei. Auch einige, die der FPÖ zugeschrieben worden sind, der Corona-Fonds etwa. Was kommt dann noch in den nächsten vier Jahren? Was sind Ihre großen Benchmarks?

Wir haben es – egal, ob das in der Vergangenheit die Themenbekämpfung der Preisexplosion mit dem Wohn- und Heizkostenzuschuss war, die Abschaffung der GIS-Landesabgabe, der bereits erwähnte Corona-Fonds, der Gender-Erlass und viele, viele weitere Maßnahmen – so gehalten, dass wir erst präsentieren, wenn es ordentlich durchdacht ist. Wenn wir wissen, dass es funktioniert und wenn es so weit auf den Weg gebracht ist, dass wir den Menschen etwas Konkretes sagen können. Das werden wir auch in Zukunft so handhaben.

Eine recht einfache Hilfe ist es, sich das Arbeitsübereinkommen anzusehen, weil da sind alle Punkte drinnen, die jedenfalls umgesetzt werden. Was für mich ganz klar ist, dass in wenigen Monaten diese unrühmliche schwarz-grüne Bundesregierung Geschichte sein wird und wir von dem Tag an sehr viel nachzuholen haben, was nicht in unserer Schuld gelegen ist. Ich spreche da natürlich mein Ressort an. Den Verkehr, wo wir aufgrund der Blockadehaltung der grünen Ministerin Gewessler (Leonore Gewessler, Anm.) viele Straßenbauprojekte wieder vorantreiben müssen, wie die S8, die S34, den Lobautunnel und vieles weitere. Und das werden wir in Angriff nehmen.

„Karl Nehammer wird Geschichte sein“

noe.ORF.at: Wir sind mitten im Superwahljahr. Im Herbst ist Nationalratswahl. Da wird, wenn man auf die Umfragen derzeit blickt, der FPÖ ein Rekordergebnis vorhergesagt, was ich von Ihnen noch gar nicht so deutlich gehört habe. Für was wären Sie denn danach? In welche Richtung soll man gehen von Seiten der FPÖ? Zur SPÖ oder zur ÖVP?

Es ist ganz klar, in die Richtung, wie wir es in Niederösterreich gemacht haben, nämlich vernünftige Politik für die Österreicher umzusetzen. Und da beteilige ich mich nicht an Spekulationen, wer da der sinnvollere Partner wäre, sondern es geht darum, dass am Ende des Tages so viel wie möglich von dem umgesetzt wird, was sinnvoll und notwendig für dieses Land ist. Das ist der einzige Punkt. Und der Wähler ist am Wort. Der Wähler hat zu entscheiden, wer die stimmenstärkste Partei wird.

Da gebietet es der demokratische Anstand, das zu akzeptieren, egal welche Partei hier erster wird und welcher Partei man selbst angehört. Herbert Kickl wird es auch nach der Nationalratswahl geben – als Bundesparteiobmann der FPÖ. Er wird als Bundesparteiobmann und als Spitzenkandidat in diese Wahl gehen und dann den Ersten nach der Wahl stellen. Und das Ganze im Gegensatz zu einem Karl Nehammer, der wird wohl nach der Wahl in der ÖVP Geschichte sein.

noe.ORF.at: Bleiben wir bei Herbert Kickl. Was ist denn, wenn Herbert Kickl einen Ruf nach Niederösterreich macht und sagt, ich brauche Udo Landbauer für ein Ministeramt? Gehen Sie dann?

Ich habe hier sehr viel zu tun, habe sehr, sehr viel Freude. Kann aber nicht ausschließen, dass ich irgendwann etwas anderes machen werde. Das wäre auch unseriös. Jetzt werden wir mal die Wahl schlagen. Und wir haben so viele hervorragende Köpfe – auch aus Niederösterreich – Richtung Wien geschickt. Da mache ich mir überhaupt keine Sorgen, dass uns diese irgendwann dann in Wien noch ausgehen werden.