Blockade von Klimaaktivisten auf der Westautobahn bei St. Pölten
Letzte Generation Österreich
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Chronik

Klimaaktivisten drohen Haftstrafen

Nach der Blockade der Westautobahn (A1) bei St. Pölten durch Klimaaktivistinnen und -aktivisten prüft die Justiz strafrechtliche Konsequenzen. Den Protestierenden drohen Haftstrafen. Justizministerin Alma Zadic (Grüne) lehnt schärfere Strafen unterdessen ab.

Die Aktivistinnen und Aktivisten der sogenannten „Letzten Generation“ waren am Dienstagvormittag mit drei Fahrzeugen nebeneinander auf der Westautobahn bei St. Pölten in Fahrtrichtung Salzburg unterwegs, schalteten die Warnblinkanlagen ein und bremsten den Verkehr bis zum Stillstand ab. Fünf Personen blockierten anschließend in der Nähe der Abfahrt St. Pölten-Süd alle drei Fahrspuren, einige von ihnen klebten sich auf der Fahrbahn fest. Innerhalb kurzer Zeit bildete sich kilometerlanger Stau. Eine halbe Stunde später kam es auch auf der anderen Richtungsfahrbahn zu einer ähnlichen Aktion.

Die unangemeldete Kundgebung wurde von der Polizei aufgelöst. 17 Personen wurden angezeigt, neun vorübergehend festgenommen und nach Feststellung ihrer Identität wieder freigelassen. Die Polizei übermittelte eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft St. Pölten. Diese sei mittlerweile eingelangt und werde nun geprüft, bestätigte Sprecher Leopold Bien am Mittwoch auf Anfrage von noe.ORF.at. Konkret überprüft die Staatsanwaltschaft nun, ob ein Anfangsverdacht gegen die Aktivistinnen und Aktivisten vorliegt und die Polizei mit weiteren Ermittlungen beauftragt werden soll.

Polizei: „Große Unfallgefahr“

Im Fall der Blockade der Westautobahn geht es einerseits um den Vorwurf der Nötigung, weil die Aktivistinnen und Aktivisten andere Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer zum Abbremsen gezwungen hätten, andererseits um den Vorwurf der Gefährdung der körperlichen Sicherheit, weil die Aktion zu einem erheblichen Rückstau führte und dadurch Gefährdungspotenzial vorlag, heißt es seitens der Polizei. Im Fall der Gefährdung der körperlichen Sicherheit droht laut Strafgesetz eine Haftstrafe von bis zu drei Monaten bzw. eine Geldstrafe, im Fall der Nötigung eine Haftstrafe von bis zu einem Jahr bzw. eine Geldstrafe, die vom Gericht in Form von Tagessätzen festgelegt wird.

Eine Rolle würden auch die Umstände der Aktion spielen, heißt es seitens der Polizei. Auf einer Autobahn liegt die Höchstgeschwindigkeit mit 130 km/h höher als im Ortsgebiet, wo ein Tempolimit von 50 km/h gilt, die Fahrbahn auf der A1 war zum Zeitpunkt der Kundgebung zudem teilweise nass und es kam sehr rasch zu einem Rückstau. Die Gefahr sei somit groß gewesen, dass sich Unfälle ereignen.

Aktivisten: „Es war sicher“

Ein Sprecher der „Letzten Generation Österreich“ und Teilnehmer der Aktion auf der Westautobahn, Christan Rohr, hatte am Dienstag gegenüber noe.ORF.at allerdings betont, dass die Kundgebung nicht gefährlich gewesen sei und man keine Massenkarambolage in Kauf genommen habe. „Wenn es nebelig oder stark regnerisch gewesen wäre, hätten wir davon Abstand genommen. Es war sicher. Alle unsere Aktionen sind sicher.“

Die ASFINAG widerspricht dieser Darstellung am Mittwoch. „Es handelt sich um eine hochrangige Straße, auf der hohe Geschwindigkeiten gefahren werden. Jeder Einschnitt in den Verkehrsfluss ist hochgefährlich, egal ob die Sonne scheint oder ob es regnet“, so eine Sprecherin gegenüber noe.ORF.at.

Klimaaktivisten blockierten A1 bei St. Pölten

In St. Pölten ist es Dienstagfrüh erneut zu einer Aktion der „Letzten Generation“ gekommen. Mehrere Aktivistinnen und Aktivisten klebten sich auf der Westautobahn (A1) kurz vor der Abfahrt St. Pölten-Süd fest. Es bildete sich kilometerlanger Stau.

17 Personen wurden nach der Kundgebung wegen Verwaltungsübertretungen angezeigt, weil die Versammlung auf der Autobahn nicht angemeldet war. Das Strafmaß kann nach Angaben der Polizei mehrere Tausend Euro betragen. Die Lenker der Fahrzeuge, die den Stau auf der Westautobahn herbeigeführt haben, seien bekannt. Ihnen könnten darüber hinaus noch weitere Strafen drohen.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hatte zuletzt die Aktionen der Klimaaktivistinnen und -aktivisten kritisiert und in einem Brief an Justizministerin Alma Zadic (Grüne) schärfere Strafen für „Klimakleber“ gefordert, die abschreckend wirken sollen. Sie verwies etwa auf Großbritannien, wo mehrjährige Haftstrafen drohen würden – mehr dazu in „Klimakleber“: Mikl-Leitner fordert schärfere Strafen (noe.ORF.at; 23.8.2023). Kritik an den Aktionen kam am Dienstag auch von Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ).

Zadic: „Halte derzeitige Strafen für angemessen“

Eine Sprecherin der Justizministerin hielt am Mittwoch gegenüber dem ORF Niederösterreich allerdings fest, dass man an der grundsätzlichen Position festhalte und schärfere Strafen ablehne. In einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ hatte die Ministerin zuletzt die Debatte um die „Letzte Generation“ als „Scheindebatte“ bezeichnet, „um gewisse Wählerschichten anzusprechen. Ich halte die derzeitigen Strafen für angemessen. Wir dürfen eines auch nicht vergessen. Wir haben ein hart errungenes Versammlungsfreiheitsrecht. Und diese Versammlungsfreiheit dürfen wir uns nicht nehmen lassen“, so Zadic gegenüber der „Kronen Zeitung“.

Angesprochen auf die Blockade der Westautobahn am Dienstag, nach der strafrechtliche Konsequenzen geprüft werden, sagte die Sprecherin der Ministerin, dass man zu einzelnen Fällen keine Stellungnahme abgebe. Eine Antwort auf den Brief der niederösterreichischen Landeshauptfrau werde derzeit verfasst. Gegenüber der „Kronen Zeitung“ sagte Zadic: „Ich hätte mir ehrlich gesagt einen Anruf von ihr erwartet. Sie kriegt selbstverständlich eine Antwort von mir. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das eine große Relevanz für sie haben wird“.